Wem fällt es nicht auf, dass wir, und ganz besonders die Jugendlichen,
tagsüber immer müder daherkommen? Vielleicht begann es mit der Einführung der Sommerzeit, aber die menschliche Wachphase scheint sich immer mehr in die
Nachtstunden zu verschieben, während beim Arbeits- und Schulbeginn nach wie vor die Morgenstund‘ dominiert.

Unsere Zirbeldrüse hat die Aufgabe, bei Dunkelheit das Schlafhormon Melatonin auszuschütten. Als es noch keine elektrizitätsbasierte Licht- und Reizüberflutung gab, gingen die meisten Menschen mit Einbruch der Dunkelheit ins Bett und nutzten – ausgeschlafen – für ihre alltäglichen Verrichtungen das Tageslicht. Der technologische Entwicklungsstand und damit Zeitgeist wandelt sich und in diesem Fall auch der Schlaf-wach-Rhythmus. Doch in einer sich bildungsintensivierenden und digitalisierenden Welt wachsen die Anforderungen an das Gehirn, das als Hauptenergieverbraucher bereits im Ruhezustand ein Viertel des Energiebedarfs des Organismus für sich beansprucht. Und der höchste Anteil davon entfällt auf die Sehleistung. Je stärker also das Sehvermögen in Anspruch genommen wird, desto müder werden nicht nur die Augen, sondern der Mensch an sich. Und da wir heutzutage von früh bis (sehr) spät schauen, gucken und starren und das auch noch vorwiegend im Nahsichtmodus und unter »Blaulicht«-Einfluss der Smartphones, Monitore, TV-Geräte und Tablets, verkürzen sich unsere Schlafzeiten immer mehr, während tagsüber die Müdigkeit ihren rechtmäßigen Tribut fordert. Lässt man sich von diesem Geist der Zeit in Beschlag nehmen, und dies tun die meisten von uns, stellen sich in Verbindung mit den Anforderungen an unser modernes multifunktionales Leben immer wieder neue Krankheitsbilder ein. Wer somit jedem Trend nacheifert, »alles« mitmachen zu müssen glaubt, viel zu tun »hat« und wenig schläft, muss damit rechnen, früher oder später von (Dis)Stress heimgesucht zu werden. Unter solchen Umständen kommt die Heilkunde mit neuen Krankheitsbezeichnungen kaum mehr nach: Wie viele von uns konnten noch vor wenigen Jahren aus eigener Erfahrung etwas mit Begriffen wie Aufmerksamkeitsdefizitstörung, Burn-out, Chronisches Erschöpfungssyndrom, Fatigue oder gar Systemische Anstrengungsintoleranz anfangen? Doch mittlerweile zählt Stressmanagement, worunter von achtsamkeitsbasierter Stressreduktion bis zum Zürcher Ressourcen Modell bislang bereits knapp zwanzig Stressbewältigungsmethoden fallen, beinahe zum Standardangebot von Coaches, die etwas auf sich halten.

Lebensmeister (natürlich ausnahmslos beiderlei Geschlechts) wissen, wie man sich gegen solcherart zeitgeistliche Vereinnahmung – sofern unerwünscht – immunisieren kann.     

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Für alle, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen wollen.