Im Juli 2018 stellte das soziale Netzwerk XING unter seiner Rubrik „Klartext“ mehrere Beiträge zum Thema Ernährung zur Debatte. Die Artikel-Überschriften reichten von „Wir haben kein Recht, Tiere zu töten!“ über „Hört endlich auf, andere belehren zu wollen!“ (Autor: Fernsehkoch Tim Mälzer), „Wir sind keine Fleischfresser“, „Auch Deutschland bräuchte eine Zuckersteuer“ bis zu „Ein gesunder Lebensstil lässt sich nicht herbeibesteuern.“ Die Diskussion der Kommentatoren zu den jeweiligen Schwerpunkten wurde wie üblich äußerst kontrovers geführt.

Manche Kommentatoren – insgesamt beteiligten sich an den Diskussionen zu diesen Ernährungs-Themen mehrere Hundert XING-Mitglieder – argumentierten, dass Tiere juristisch als Sachen gälten und daher keine Rechte hätten und insbesondere Raubtiere sich doch auch das Recht herausnähmen, andere Tiere zu töten. Andere meinten, unsere Natur sei so beschaffen, dass eins vom anderen lebe und wir daher Tiere essen dürften. Allerdings sollten sie „vorher nicht mehr als unvermeidbar gequält werden.“ Wieder andere waren der Ansicht, viele Menschen würden ihren massiven Fleischkonsum automatisch reduzieren, wenn sie sähen, wie ihr Essen produziert werde oder die Tiere selbst schlachten müssten. Oftmals würde schon ein gesunder Menschenverstand helfen. Doch leider werde es vielen Menschen grundsätzlich zunehmend gleichgültiger, was in ihrer Umwelt geschehe, solange sie ihren Lebensstil fortführen könnten. Das sei aber ein grundsätzliches Problem unserer Konsumgesellschaft und beschränke sich nicht auf Fleischesser. Jemand schrieb, die Deutschen hätten bei dem Wort „vegetarisch“ eine Verzichtküche im Kopf, statt eine Küche der Freude und des guten Geschmacks. Oder, dass die eisten Menschen einfach nur Konsumenten seien, äßen was ihnen schmecke und worauf sie Lust hätten, ungeachtet dessen, wie industriell verarbeitete Nahrungsmittel mit Zucker, schlechten Fetten, chemischen Zusätzen, Farb- und Konservierungsstoffen, Pestiziden, Fungiziden, Schwermetallen und Hormon- sowie Arzneimittelrückständen belastet seien. Die Rechnung komme dann erst später mit den Zivilisationskrankheiten, deren Behandlung Unsummen koste und viele Leben unnötig leidvoll enden lasse. Es wäre erfreulich, wenn die Politik handeln würde, aber der Konsument sei auch mächtig und könnte mit seinem Handeln kollektiv die richtigen Signale setzen. 

Die Meinungen gingen weit auseinander. Während es Stimmen wie „Es gibt tausende Gründe für und tausende gegen den Verzehr von Fleisch. Es ist aber bei vielen Veganern auch der Fall, dass sie Nahrungsergänzungsmittel
zu sich nehmen müssen, weil sie dem Körper fehlende Stoffe zuführen müssen“ zu lesen gab, erwiderten andere „Also ich nehme keine ergänzenden Nahrungsmittel in welcher Form auch immer. Kennen Sie einen Veganer der das tut oder woher kommt Ihre Behauptung? Und meine Blutwerte sind so gut wie nie.“ Ein Professor vertrat den Standpunkt: „Fleischkonsum bedeutet leider immer noch Massentierhaltung und unfassbares Tierleid. Wegsehen bedeutet sich mitschuldig machen. Ignorieren ebenso. Tierschutz muss in das Grundgesetz! Tiere sind keine Sache! Tiere sind Mitgeschöpfe. Wir haben Verantwortung! Das hat mit Genuss nichts mehr zu tun! Auch nicht mit Entscheidungsfreiheit eines jeden! Kein Genuss bei Tierleid! Tierschutz muss im Vordergrund stehen!“

Einer berichtete „Ich bin mittlerweile auch an einem Punkt angekommen, wo ich bewusster Fleisch genieße. Dennoch hat beim Kauf von Lebensmitteln immer noch der Geschmack einen großen Einfluss. Und wenn Bio schlechter schmeckt als konventionelle erzeugte Produkte, kaufe ich kein Bio.“ Ein anderer gab zu bedenken "Ohne fleischkonsum und den Verzehr tierischer Produkte wäre die Menschheit nicht da, wo sie heute steht. Wir wären noch in der Steppe und halb auf Bäumen, hätten keine Kultur, Zivilisation etc." Allein zu dieser Fleischkonsum-ja/nein-Thematik ergingen rund 1.000 Kommentare. Zwar brachte eine Dame die hitzige Debatte mit „DIE eine richtige Ernährung gibt es meiner Meinung nach nicht. Dazu sind wir Menschen zu verschieden. Deshalb darf jeder für sich selbst herausfinden, was ihm guttut“ auf einen ausgewogenen Punkt. Doch eine Entscheidungshilfe, wie man sich nun als Mensch hinsichtlich unserer unanfechtbaren Lieblingsbeschäftigung, der wir bis zu fünfmal täglich frönen, adäquat verhält, stellt deren Fazit auch nicht dar.

Wer also hat recht? Keine Frage, alle. Wie man darauf kommt, damit klarkommt und angesichts widersprüchlicher Auffassungen für sich dennoch stets die »richtigen« Entscheidungen trifft, weiß man spätestens dann, wenn man zu(m/r) Lebensmeister(in) gediehen ist.

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